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KLASSE 11L: ZEITZEUGENGESPRÄCH MIT ERIKA ESTIS

Dicke Regentropfen fallen auf die Hansestadt hinab, wĂ€hrend die SchĂŒlerinnen und SchĂŒler der Klasse 11L auf dem Weg in die HafenCity sind. Die Klasse unter Leitung von Herrn Schwitalla und Herrn Worm nimmt an diesem Tag anlĂ€sslich der Einweihung des Gedenkortes am Hannoverschen Bahnhof an einem ZeitzeugengesprĂ€ch mit Erika Estis teil.

Erika Estis wurde 1922 in EimsbĂŒttel geboren, wo ihr Vater eine Apotheke besaß. Doch 1938 musste sie notgedrungen ihrer Heimatstadt verlassen: Mit gerade einmal 16 Jahren schickten sie ihre Eltern mit dem Kindertransport allein nach Großbritannien – denn die Familie ist jĂŒdisch und sah fĂŒr sich nach der Reichsprogromnacht in Deutschland keine Zukunft. In der festen Überzeugung, ihre Eltern bald wiederzusehen, reiste Erika Estis ab. TatsĂ€chlich aber sieht sie ihre Eltern nie wieder. Sie wurden am 11.Juli 1942 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. 74 Jahre spĂ€ter im Alter von 94 Jahren kommt Erika Estis im Rahmen der Einweihung des Gedenkortes am Hannoverschen Bahnhof noch einmal zurĂŒck nach Hamburg, um von ihrem Leben zu erzĂ€hlen und sich mit Jugendlichen auszutauschen.

Unsere Klasse fand sich also an diesem regnerischen Freitag in der NĂ€he der HafenCity UniversitĂ€t ein und erkundete mit Wehmut und Respekt den Gedenkort, der erst am Mittwoch zuvor eröffnet wurde. An genau jener Stelle, an der einst der Hannoversche Bahnhof stand, von dem aus zur Zeit des Nationalsozialismus tausende Juden, Sinti und Roma in ZĂŒge verladen und in die Vernichtungslager des NS-Regimes deportiert wurden – unter ihnen auch die Eltern von Erika Estis. Mitten auf diesem Gedenkort steht an diesem 12. Mai ein großes Zelt, beheizt und gemĂŒtlich, in dem die GĂ€ste des ZeitzeugengesprĂ€ches Platz nehmen. Im Zelt steht eine kleine BĂŒhne, mit zwei StĂŒhlen, davor ein kleiner Tisch und ein Mikrofon mit dazugehörigem Stativ. Gegen etwa 9:30 Uhr betritt eine alte, aber vital wirkende Frau das Zelt. Sie wird begleitet von ihren Kindern, einem Sohn und zwei Töchtern, die selbst um die 50 Jahre zu sein scheinen. Selbstbewusst geht die Frau nach vorne auf die BĂŒhne, die gut gefĂŒllten Stuhlreihen sorgen fĂŒr reichlich Blicke. Die Frau wird dem Publikum von der Moderatorin als Erika Estis vorgestellt. Nach der BegrĂŒĂŸung, bittet die Moderatorin sie darum, sich vorzustellen und zu erzĂ€hlen. Ihre bewegende Lebensgeschichte und das anschließende GesprĂ€ch, bei dem Frau Estis auch auf unsere Fragen eingeht und ihre Kinder einbezogen werden, beeindruckt uns nachhaltig. Ihre offene, ehrliche und lebensbejahende Haltung zieht uns in den Bann.

FĂŒr uns war dieses ZeitzeugengesprĂ€ch eine wertvolle Erfahrung, die zeigt, wie wichtig es ist, die Erinnerung an die Vergangenheit wachzuhalten.

Marius Starcke (11L)